Haushaltsrede 2025 Friedrich Oettler, FDP-Fraktion - Sitzung Gemeinderat Wachtberg 10. Juli 2025

Friedrich Oettler, Vorsitzender FDP-Fraktion

‚Der Haushalt ist Politik in Zahlen‘ ist ein alter politischer Spruch. Die FDP lehnt die Zahlen des vorliegenden Haushaltsentwurfs 2025 – 2026 ab, weil wir eine Politik ablehnen, die sich mit diesen Zahlen zufriedengibt.

Kostenwirksames Personal wird dieses Mal nicht aufgebaut. Aber anknüpfend an unsere Kritik der letzten Haushaltsjahre: seit dem Beginn der Wahlperiode 2020 wurden 20 Stellen aufgebaut, entsprechend mehr als 20 Prozent. Ein Hauptgrund für das fortgesetzte Navigieren über und unter der Linie zur Haushaltssicherung. Dabei sind jetzt Puffer bei den Personalkosten abgebaut, die bisher tendenziell für Plusabweichungen der Jahresabschlüsse sorgten.

Die Rathausspitze erklärt uns, die Transferausgaben seien an unserer Lage schuld. Die Zahlen geben diese Behauptung kaum her. Die Transfers steigen relativ so ähnlich wie andere Ausgabenpositionen und liegen seit Jahren ziemlich gleichbleibend um 42% des Ordentlichen Aufwands. Mehr als 22 Mio. Euro 2025 sind natürlich ein riesiger Betrag. Da könnte der Gemeinderat mehr Infos einfordern, für was der Kreis dieses Geld ausgibt. So frage ich mich – das ist nur ein Einzelbeispiel: welchen Klimabeitrag liefert das von den Kreis-Verkehrs­gesellschaften aufgebaute E-Bike-Verleihsystem nun eigentlich? Jedenfalls taugen die Transfers nicht dazu, davon abzulenken, dass wir uns auf die finanziellen Folgen unserer selbst gewählten Entscheidungen konzentrieren sollten.

Wir treffen Mehrheits- und auch einstimmige Entscheidungen für freiwillige Leistungen ohne vertiefte Prüfung der finanziellen Anforderungen treffen. Aber das kann nicht den Haushalt auf Autopilot stellen. Es gibt keine Automatik, jeden früher gefassten Plan auch zu realisieren – wie schon bei den Ermächtigungsübertragungen diskutiert.

Klimaschutz ist existentiell. Dennoch können wir nicht Leistungs­mängel anderer politischer Ebenen ausgleichen, z.B. bei der Verbreitung von variablen Stromtarifen, indem wir lokale Fotovoltaik fördern. Wobei nun auch keinerlei Investitionen aus den Klima­folgen­anpassungs­konzepten im Haushaltsplan stehen – soll es da gar keine geben? Wir dürfen nicht in Panik ausbrechen, wie es vor Jahren empfohlen wurde. Und wer neue freiwillige Leistungen beschließt, soll halt sagen, wie die zu finanzieren sind! Das gilt vor allem auch dann, wenn die neuen Ideen von der Verwaltungsspitze kommen!

Wir müssten die Blickrichtung auf Förderprogramme umkehren. Das sind nicht grundsätzlich Gelegenheiten, die man unbedingt nutzen muss. Im Gegenteil, häufig dem Anschein nach kostenlose Programme von oben, die doch Kosten verursachen. Beispiel: in Berkum startet ein Projekt zum betreuten Spazierengehen – obwohl wir doch sowieso wissen, welche nicht-ausgebauten Wachtberger Straßen einen Bürgersteig vertragen können, um Fußgänger­sicherheit zu verbessern.

Ein anderes Beispiel die ‚Kinderfreundliche Kommune‘. Projekte, die auf die Gemeinde herabsegeln, um politische Sichtbarkeit von Landesministern an der Basis zu realisieren. Der übersehene Effekt ist, den Verantwortungsradius lokaler Politik und Verwaltung zu verkleinern. Um es deutlich zu sagen: so als sei die lokale repräsentative Demokratie, für die wir Ratsmitglieder persönlich stehen, irgendwie defizitär und der Hilfe externer Experten bedürftig. Wir sehen es als FDP-Aufgabe an, auf solche ordnungs­politischen Zusammen­hänge hinzuweisen.

Fragwürdig ist insgesamt die Orientierung des Haushaltsentwurfs haarscharf an der HSK-Grenze entlang. So als sei es voll in Ordnung, den kleiner werdenden Verschuldungs­spielraum voll auszunutzen. Dabei ist klar, dass die kumulierten Defizite, solange sie nicht durch Überschüsse einmal wieder abgebaut werden, Jahr für Jahr weiter zu finanzieren sind und unendlich in die Zukunft wirken. Siehe den Anstieg der Zinskosten auf geplant 1,6 Mio. Euro 2025.

Ernüchternd finden wir die mit dem Haushaltsentwurf gelieferten Aussagen zu möglicher Haushaltskonsolidierung. Sie erscheinen unverständlich und widersprüchlich. In der Haushalts­präsentation von Mai 2025 werden unter ‚Maßnahmen der Haushalts­konsolidierung‘ genannt:

  • Investitionsmaßnahmen mit dem Ziel der Klimaneutralität – herrscht hier die Vorstellung, Investitionen, die Treibhausgase sparen, würden der Haushalts­konsoli­dierung dienen? Das wäre durch Wirtschaftlich­keitsrechnungen nachzuweisen.
  • Beschränkung von Investitionskrediten für Maßnahmen, die auf eine langfristige Wirtschaftlichkeit ausgerichtet sind – sollen wir überhaupt nicht mehr investieren, wenn keine betriebswirtschaftliche Rentabilität möglich ist?
  • Ausweisung neuer Baugebiete – Wachstum garantiert keine Konsolidierung!
  • Ausweisung neuer Gewerbegebiete – Wachstum garantiert keine Konsolidierung!
  • Verstärkte kommunale Zusammenarbeit mit dem Ziel, größere und effektivere Verwaltungseinheiten zu schaffen – probieren wir doch zunächst ernsthaft, in der heutigen Struktur zu konsolidieren!

Wir kommen zum Ergebnis, dass der Wille zur Umkehr beim Defizittrend des Gemeinde­haushalts nicht sichtbar ist. Wir können den Haushaltsentwurf nur ablehnen. Wir stellen den Anspruch, dass Gemeindeführung und Gemeinderat zusammen die Verantwortung für eine nachhaltige Haushaltsplanung übernehmen. Für grundsätzlich neue Überlegungen stehen wir natürlich zur Verfügung – wir nehmen an, das müsste eigentlich für alle Kolleginnen und Kollegen gelten!